Von Christine Mattauch
Eine Wohngemeinschaft im New Yorker Trend-Stadtteil bietet unkomplizierten Langzeitgästen eine Bleibe.
Vera ist verschollen. Gestern sollte sie auf dem John F. Kennedy-Flughafen landen und dann zu Klaus Moskop nach Brooklyn fahren. Doch Vera kam nicht. "Macht nichts", sagt Klaus generös, "sie hat es sich wohl anders überlegt." Er hat extra Martina und Aimee eingeladen, damit sein neuer WG-Gast Gesellschaft hat. Die Stimmung ist aber auch ohne Vera gut. Während Martina und Aimee am weiß lackierten Küchentisch sitzen und Heineken-Bier trinken, packt Klaus Shrimps und Schwertfisch aus. "Ist das heiß in der Bude", stöhnt er. "Vielleicht machst du mal das Fenster zu", sagt Martina. Tatsächlich - das Fenster steht sperrangelweit offen. Da hilft die Klimaanlage natürlich nichts.
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Aus ehemaligen Lagerhäusern werden trendige Loft-Wohnungen. (© Foto: ddp)
Aller Anfang ist gar nicht so leicht in Klaus Moskops "Brooklyn WG" in New York. Am 1. Juni hat er die Wohnung gemietet, in einem renovierten ehemaligen Lagerhaus. Die Idee: Urlauber, Lebenskünstler, Stipendiaten und Zeitarbeiter sollen hier die Möglichkeit haben, kostengünstig für ein paar Tage oder Wochen mit Gleichgesinnten zusammenzuleben. "Die Brooklyn WG bietet New-York-Besuchern tageweise ein ehrliches Bett in einer coolen Umgebung an", wirbt er auf seiner Webseite. "Unser Versprechen: Sie lernen nette Leute kennen." Sofern gerade welche da sind.

Luftmatratze für 25 Euro

Das Stadtviertel heißt Clinton Hill und ist bei jungen Leuten beliebt, nicht nur wegen der Hochschule Pratt Institute. Es ist die Atmosphäre: Lagerhäuser mit Künstlern und Intellektuellen; viktorianische Bauten mit Mittelschicht-Bewohnern; Hochhäuser mit hispanischen und schwarzen Großfamilien. Die "Brooklyn WG" liegt in einer Einbahnstraße mit modernisierten Klinkerbauten. Ein Loft mit drei Zimmern, riesigen Fenstern und Holzböden.
25 Euro kostet eine Nacht auf der Luftmatratze; 55 bis 99 Euro ein Bett. Das ist, gemessen, an New Yorker Hotelpreisen, sehr günstig - allerdings gibt es Hostels, die ebenfalls in dieser Preisklasse operieren. Im WG-Preis enthalten ist die tägliche Wohnungsreinigung durch Rosa, eine Hispanierin, die Moskop im nahen Supermarkt angeworben hat. Eine hotelähnliche Ausstattung freilich ist nicht zu erwarten - es gibt weder Vorhänge noch Kleiderbügel.
Auch sonst ist die Möblierung spartanisch. Die beiden Schlafräume sind leer bis auf Matratzen. Im größten Raum, einem kombinierten Wohn- und Esszimmer, stehen eine Einbauküche mit Herd und Kühlschrank, ein großer weißer Tisch mit knallroten Hockern, ein Computertisch und zwei braune Sofas. Das war's. Ein Fernseher ist im Wandschrank versteckt. Über dem Tisch baumelt ein großer roter chinesischer Drache, sonst sind die Wände kahl. Seine Klientel finde das "cool", sagt Moskop.
Der 45-Jährige mit der schwarzen Prada-Brille betreibt bereits in Düsseldorf zwei Mega-Wohngemeinschaften mit insgesamt 86 Mietern. Dort sind es meist Berufsanfänger und Jobnomaden, die für einige Monate im WG-Verbund unterschlüpfen, bevor sie eine eigene Wohnung mieten oder weiterziehen. Das Konzept funktioniert bereits vier Jahre und hat ausgemachte Fans.