WohngemeinschaftZu Besuch in der 5-Sterne-WG
Samstag, 09.02.2008, 09:59 · von FOCUS-Online-Autorin Katharina RosskopfWohngemeinschaft all-inclusive
Eine Minute später führt er mich durch die verwinkelten Flure der von ihm gegründeten XXL-Wohngemeinschaft, vorbei an über 40 Zimmertüren. „Früher war hier eine Bank drin.“ Moskop redet ohne Punkt und Komma, zeigt auf Designer-Möbel, Miele-Professional-Küchengeräte und in Richtung Treppenhaus. „Das war in den Siebzigern mal in einer Architektur-Zeitschrift.“
Vor drei Jahren hatte Moskop genug davon, allein zu wohnen, und gründete eine WG. Zunächst in einer Mietwohnung. Die Vorteile lagen auf der Hand: Nicht nur, dass er viel Gesellschaft hatte, wenn er nach Hause kam. Das zusammengelegte Geld ermöglichte der WG auch einen gewissen Luxus. Mittlerweile firmieren unter dem Namen „WGNow“ drei Wohngemeinschaften mit über 80 Bewohnern in drei Gebäuden.
28 Prozent aller deutschen Studierenden leben in Wohngemeinschaften – mehr als in jeder anderen Wohnform. Die meisten von ihnen dürften vor Neid erblassen, wenn sie einen Blick in Moskops Unterkünfte werfen. Wer sich dort einquartiert, bekommt einiges geboten: Neben Telefon und Internet hat die WG einen Wäschedienst, eine Putzfrau, einen Koch, Whirlpool und Sauna. Dazu 120 Fahrräder, einen Kleintransporter sowie einige Motorroller und Segways, Stückpreis: 7 000 Euro. Am Wochenende gibt es Brunch. Alles im Mietpreis inbegriffen. Der ist mit durchschnittlich etwa 300 Euro pro Zimmer nicht viel höher als in anderen WGs. „15 Euro der Quadratmeter“, rechnet mir Moskop vor.
Wir steigen ins Auto und düsen zum Supermarkt, um Lebensmittel für eine andere WG zu besorgen. Auf dem Weg fahren wir noch bei „Düsseldorfs bester Videothek“ vorbei, um DVDs zu tauschen – auch das ein Service für Klaus Moskops Mieter. Dann geht es zu Aldi. Kurz danach stehe ich in einer Küche in der Augustastraße und koche Spaghetti für 30 Mitbewohner – als Gegenleistung für eine Übernachtung im dortigen Fernsehzimmer.
Sauna und Spielekonsole
Die 33-Zimmer-WG in der Augustastraße – oder „A-Street“, wie Moskop sagt – liegt in einem Bürogebäude in der Innenstadt. Ihre Einrichtung ist mondän. Wo sich andere WGs über ein neues Ikea-Sofa streiten, stehen hier Designermöbel im Panorama-Wohnzimmer. Das TV-Zimmer hat einen riesigen Flatscreen-Bildschirm, ein paar Türen weiter steht ein Bad mit Whirlpool und Sauna. Und das nur 20 Gehminuten von der Düsseldorfer Flaniermeile „Kö“ entfernt. Nur der 100 Meter lange Flur erinnert an ein Wohnheim.
„Das ist in jedem Fall eine richtige WG“, beteuert Philipp Diebold, Marketing-Diplomand und Bewohner des kleinsten Zimmers. Er rast gern mit einem Tretroller von seinem Zimmer zur Küche – um Zeit zu sparen. „Wir machen viel zusammen, fahren auch in den Urlaub. Zum Beispiel waren wir schon in Amsterdam und auf Ibiza.“
Wohngemeinschaft
Sauna statt Müllentsorgung
In anderen WGs wird darüber gestritten, wer das Bad putzt oder den Müll rausträgt. Hier teilen sich die Bewohner Dienste wie das Wasser für den Saunaaufguss nachfüllen oder für den Brunch einkaufen. Und selbst davon kann sich jeder mit einigen Euro für die WG-Kasse freikaufen.
„Das Konzept ist genial“, findet Friederike Dietz. Die Grafikdesignerin kam nach ihrem Studienabschluss vor einem Jahr nach Düsseldorf. Übers Internet suchte sie nach einem Zimmer und wurde daraufhin von Klaus Moskop in die „A-Street“ eingeladen. Jetzt wohnt sie hier auf 16 Quadratmetern. „Wenn man neu in einer Stadt ist und den ganzen Tag arbeitet, lernt man ja niemanden kennen. Aber hier trifft man auf einen Schlag 30 Leute. Es ist immer jemand da“, sagt die 27-Jährige. Tatsächlich vermitteln die Bewohner am Tisch ein Großfamilien-Flair.
Die Zielgruppe des Konzepts ist klar: junge Leute, die in einer neuen Stadt froh sind, gleich ein soziales Netz bilden zu können. Doch natürlich hat diese Form des Zusammenlebens auch ihre Nachteile. „Es gibt kein bisschen Privatsphäre“, klagt etwa Dietz. Auch Philip Diebold sagt: „Die Wände sind so dünn, man kriegt alles von seinem Nachbarn mit.“ Eine der Seitenwände seines Zimmers ist tatsächlich die Rückwand eines Wandschranks. So merkt man immer, wenn der Zimmernachbar die Freundin zu Besuch hat.
Tauschen möchte hier trotzdem keiner. So schwenkt denn das Gespräch auch bald weiter zu einer Geburtstagsparty, die für den nächsten Tag geplant ist. 30 Gäste und Helfer sind dem Feiernden schon mal sicher.
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Moskop hat inzwischen wie immer viel zu tun. Für den Samstag hat sich eine Gruppe neuer Mitbewohner angekündigt – sechs Tage zu früh. „Die können in meinem Büro schlafen. Das kriegen wir schon irgendwie hin“, lacht der hyperaktive Mann. Überhaupt scheint das sein Motto zu sein. Längst bastelt er an einem neuen Konzept: eine Halle voller Wohnwagen – zum Indoor-Campen.
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